Stefan Klein: Einfach glücklich – Zusammenfassung von Paul Wilkens

Menschen haben sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was Glück für sie sein kann. Die einen denken an Harmonie in Familie und im Freundeskreis. Andere halten einen hohen Lottogewinn für das höchste Glück.

Stefan Klein (2008) unterscheidet zwischen Glück haben und glücklich sein. Bei einem Lottogewinn hat man Glück, dass man die entsprechende Zahlenkombination getippt hat. Ob daraus nachhaltig Glücksgefühle entstehen, also ob man aufgrund des Gewinns auch glücklich wird, steht auf einem anderen Blatt.

Glück als Glücksgefühl lässt sich anhand körperlicher Indikatoren beschreiben. Wenn man glücklich ist, pulsiert das Blut etwas schneller, der Blutdruck steigt also leicht. Auch schlägt das Herz eine Spur schneller als im Normalzustand und die Hauttemperatur steigt leicht. Man entspannt sich muskulär. Dementsprechend werden die Körperbewegungen rund und harmonisch. Nicht nur Bewegungen und Gestik werden hierdurch beeinflusst, sondern auch die Mimik. Glücksgefühle bewirken einen fröhlichen und freundlichen Gesichtsausdruck.

Wenn wir eine angenehme Vorstellung haben, etwa die Erinnerung an einen schönen Abend mit Freunden oder die Vorfreude auf eine Reise, so scheint zunächst die Freude alleine aufgrund bestimmter Gedanken und Ideen zu entstehen. Untersuchungen zeigen aber, dass die Freude und Zufriedenheit erst dann auch empfunden wird, wenn sich entsprechende physiologische Veränderungen – also Veränderungen an Armen, Beinen, Herz, Haut etc. – nachweisen lassen. Diese Veränderungen auf physiologischer Ebene lassen sich aber nicht willkürlich erzeugen oder kontrollieren. Sie beruhen nämlich auf dem sog. unwillkürlichen oder autonomen Nervensystem. Das willkürliche Nervensystem steuert unsere absichtlichen Bewegungen, das unwillkürliche Nervensystem hingegen bestimmt beispielsweise den Wach-Schlaf-Rhythmus, den Herzschlag oder Erröten. Die Impulse für diesen Teil des Nervensystems entspringen dem Unterbewusstsein und sind deshalb dem Willen nicht direkt zugänglich.

Experten unterscheiden zwischen Emotionen und Gefühlen. Eine Emotion ist die körperliche Reaktion auf eine Situation (spontanes Lächeln der Freude, Erröten als Ausdruck des Sich-Schämens). Als ein Gefühl hingegen wird die bewusste Wahrnehmung der entsprechenden Empfindung verstanden. Häufig gehen Emotion und Gefühl Hand in Hand. Das beschriebene Lächeln oder Erröten kann nämlich geschehen, ohne dass wir selber dasselbe wahrnehmen, Menschen unserer Umgebung allerdings schon.

Gefühle geben Orientierung

Entgegen einer weitverbreiteten Ansicht werden Entscheidungen zu einem geringen Maße auf der Grundlage von logischen Überlegungen getroffen. Hingegen spielen Emotionen fürs Entscheiden eine große Rolle. Personen etwa, die aufgrund von Hirnoperationen ihr Gefühlsleben verlieren, gehen auch ihrer Entscheidungsfähigkeit verlustig, da sie den Blick fürs Wesentliche verlieren.

Ganz grundsätzlich wird das menschliche Verhalten von Gefühlen der Lust oder Unlust bestimmt. Was uns zu unseren Zielerreichungen hilft und uns Freude bereitet, motiviert uns: Essen, Trinken, Schlaf, Geborgenheit, Sex, gute Sozialkontakte, Erfolg etc.

Stefan Klein weist darauf hin, dass wir uns um Glücksgefühle bemühen müssen. Es muss irgendeine Bemühung oder Aktivität gegeben sein – zum Beispiel Sport treiben, sich verabreden, etwas im Haushalt reparieren etc. – um uns gute Gefühle zu ermöglichen. Es wird betont, dass angenehme Gefühle, Zufriedenheit und Glück nicht schicksalhaft sind, sondern das Ergebnis von Handlungen und Bemühungen.

Glück lernen

Um unsere Lebensqualität günstig zu beeinflussen, stehen uns zwei Ansätze zur Verfügung: erstens indem wir Situationen aufsuchen oder gestalten, die für uns günstig sind und zweitens, indem wir unsere Wahrnehmungen auf positive Aspekte lenken bzw. optimistisch auf Mitmenschen oder Situationen zugehen. Ein häufig zitiertes Bild hierzu wäre, „das Glas nicht halbleer, sondern halbvoll zu sehen.“

Der erste Ansatz, befriedigende Situationen aufzusuchen oder zu gestalten, leuchtet jedem ein. Wir werden beispielsweise nur solche Menschen zu unserem Freundeskreis zählen, die uns angenehm sind. Oder wenn wir mit der Arbeitssituation unzufrieden sind, werden wir bestrebt sein, uns beruflich zu verändern.

Häufig können wir aber eine Situation nicht verändern, können diese nur als gegeben akzeptieren. Als ich zum Beispiel im Urlaub vom Reisebus unerwartet früh in dem kroatischen Urlaubsort vor Sonnenaufgang am Hafen abgesetzt wurde und auf die Fähre wartete, wollte ich mich zunächst ärgern. Es war halb fünf in der Früh und die erste Fähre würde uns erst in zweieinhalb Stunden zur Insel bringen, die unser Ziel war. Dann aber entschloss ich mich, das Positive der Situation zu sehen und ich beobachtete, wie es langsam Tag wurde und die Sonne aufging. Die stetige Veränderung des Lichts und das langsame Erwachen des Städtchens waren sehr interessant und abwechslungsreich. Die Zeit verging rasch.

Stefan Klein (2008) betont, dass wir auf dem Wege gewohnter Reaktionen unser Gehirn gleichsam formen. Fröhlichkeit kann zur Gewohnheit werden, Missmut ebenso. Es ist deshalb nützlich, angenehme Emotionen zu pflegen und genießen zu lernen. Ebenso ist es empfehlenswert, sich nicht zu sehr von Angst, Wut, Sorge oder Selbstmitleid hinwegschwemmen zu lassen.

Tägliche Gewohnheiten bestimmen in höherem Maße unser Lebensglück als einzelne „Kraftanstrengungen“. Achten Sie beispielsweise auf regelmäßige, ausreichende Bewegung oder auf gesunde und schmackhafte Ernährung, am besten in Gesellschaft von anderen Menschen eingenommen.

Ein Übermaß an bedrückenden Gedanken, beispielsweise wenn man in der Nacht aufwacht und nicht mehr einschlafen kann, lassen sich durch einen „Gedankenstopp“ bremsen: Lassen Sie einfach die Gedanken vorüberziehen und rufen Sie sich eine neutrale oder angenehme Erinnerung ins Gedächtnis, um den Teufelskreis des Grübelns zu durchbrechen.

Die Gesichter des Glücks

Wenngleich wir unsere Emotionen und Triebe nicht willkürlich lenken können, so sind wir ihnen doch auf der Verhaltensebene nicht willenlos ausgeliefert. In der Regel können wir sie kontrollieren und entscheiden, welchen Verhaltensimpulsen wir folgen wollen.

Der Autor Stefan Klein (2008) stellt die These auf, dass es vier Wohlgefühle gibt, die für Menschen handlungsrelevant sind: Vorfreude, Genuss, Liebe und Geborgenheit.

Vorfreude ist ein Gefühlszustand, der es uns ermöglicht, angenehme Erlebnisweisen zu antizipieren. Belohnende Botenstoffe im Gehirn werden gewissermaßen schon im Vorhinein freigesetzt. Die Fähigkeit zur Vorfreude gibt uns auch Mut und Neugier, Neuartiges auszuprobieren und Unbekanntes zu erkunden. Diese lustvollen und belohnenden Gefühle der Vorfreude unterstützen deshalb auch Lernen und Innovation. Genuss entsteht in der Ereignisfolge als nächster Schritt aufgrund sinnlicher Erlebnisse und Eindrücke.

Die Liebe nennt Klein dann als drittes der Wohlgefühle. Er unterscheidet hierbei zwischen Erotik, zwischenmenschlicher Bindung und elterlicher Liebe. Das körperliche Liebesspiel steigert die Zuneigung füreinander. Stabile Beziehungen begünstigen das Großziehen des gemeinsamen Nachwuchses. Die Natur belohnt deshalb die Bindung an einen Partner mit guten Gefühlen. Die emotionale Zuwendung und Aussprache spielt eine wichtige Rolle. Diese Faktoren reduzieren Stress und wirken stimmungsaufhellend.

Enge, liebevolle Kontakte bestehen aber auch bei gesunden Beziehungen zwischen Eltern und Kindern. Insbesondere Mütter erleben etwa Freuden und Schmerzen des Kindes als die eigenen.

Schließlich bedeutet das Erleben von Geborgenheit ein weiteres Wohlgefühl. Einsamkeitsgefühle, Gefühle des Isoliertseins und Konflikte mit den Mitmenschen blockieren das Erleben von Glücksgefühlen. Erwachsene Menschen können zwar versuchen, solche unangenehmen Gefühle zu überspielen, jedoch machen sich trotzdem folgende Symptome an Körper und Seele bemerkbar: Unruhe, innere Leere, Angespanntheit, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Selbstzweifel. Aus diesem Grund ist die gute Integration in ein soziales Gefüge für Menschen sehr wichtig. Gelingende menschliche Beziehungen, vor allem in der Partnerschaft, der Familie und in Freundschaften vermitteln das wohlige Gefühl der Geborgenheit.

Was uns glücklich macht

Die folgenden Ausführungen geben Tipps, was man tun kann – und lassen soll – um häufiger Glücksgefühle zu erleben.

  • Ohne Überwindung und ein gewisses Maß an Anstrengung und Konzentration lassen sich keine guten Gefühle wecken (beispielsweise sportliche Aktivität und Bewegung im Kontrast zu Fernsehen).
  • Regelmäßige Gewohnheiten helfen mehr als gelegentlicher Aktionismus. Dementsprechend unterstützen regelmäßige, angenehme Tätigkeiten (Hobbys) das Glücksempfinden und allgemeine Wohlgefühl mehr als seltene „Entschlüsse“, die Lebensweise oder Ernährung zu ändern.
  • Bei alledem ist es ratsam, auf die Dosis zu achten. Eine Sporteinheit tut gut. Sich selbst dabei durch hohe Leistungsansprüche zu überfordern, ist nicht zielführend, möglicherweise sogar schädlich. Arbeit ist notwendig und auch befriedigend. Überzogener Arbeitseinsatz, übergroßer Ehrgeiz sowie überzogenes Konkurrenzdenken erweisen sich hingegen als schädlich für Gesundheit und Gemüt.
  • Freude und Genuss hängen auch von der Abwechslung ab. Wenn man zum Beispiel Schweinsbraten mag, wird der Genuss nicht größer, indem man täglich Schweinsbraten isst. Wenn man Reize variiert, zwischen Anspannung und Entspannung wechselt, Aktivität und Ruhe gleichermaßen pflegt, tut man auch der eigenen Genuss- und Erlebnisfähigkeit etwas Gutes. In diese Kategorie gehört auch die Fähigkeit und Bereitschaft, sich auf Neues, Unbekanntes und Fremdes einzulassen. Welche Freude und welchen Genuss Abwechslung und Überraschendes bringen können, zeigt uns jede Urlaubsreise.
  • Viele Menschen ziehen Befriedigung aus kaufen und konsumieren. Die empfundene Befriedigung steht allerdings häufig mit der Aktivität des Suchens und Aussuchens im Zusammenhang. Ist der Kaufvorgang erst einmal abgeschlossen, so erlischt häufig die Freude am erworbenen Gegenstand. Konsum führt nur zu kurzem Glück.
  • Die Stimmung durch Sport verbessern: Viele Studien zeigen: wer regelmäßig trainiert, fühlt sich besser, hat mehr Selbstvertrauen, weniger Angst und ist seltener niedergeschlagen. Die Ausübung von Bewegung begünstigt den Abbau von Stresshormonen. Darüber hinaus werden im Gehirn Botenstoffe ausgeschüttet, die freudige Gefühle hervorrufen.
  • Sich einer Arbeit widmen: Untersuchungen zeigen, dass sich viele Menschen bei der Arbeit wohler fühlen als in der Freizeit. Um dieses Erfülltsein im Beruf zu erleben, bedarf es einer Tätigkeit, die eine hohe Konzentration abverlangt. Das kann grundsätzlich jede Tätigkeit sein: Sei es eine künstlerische, gestaltende, sehr verantwortungsvolle … aber auch Schreibtischarbeit, Arbeit am Fließband oder in der Landwirtschaft. In der Freizeit hingegen fällt es vielen Menschen schwer, die Zeit befriedigend zu nutzen. Befriedigende Strukturierung und Gestaltung der Freizeit benötigt Aktivität wie beispielsweise Hobbys und gute soziale Kontakte.
  • Um diesen befriedigenden und erfüllenden Umgang mit Zeit zu erleben, sind Ziele wichtig. Im beruflichen Kontext ist dieser Ansatz als Management by objectives bekannt geworden. Aber jeder und jede kennt auch im privaten Zusammenhang das zufriedenstellende Erlebnis, wenn beispielsweise eine Reparatur erledigt ist, die Wohnung aufgeräumt, die Einkäufe getätigt sind usw.
    Solche Zielsetzungen sollen eine gewisse Herausforderung für uns darstellen: zu leichte Ziele münden in Langeweile, zu schwere entmutigen und frustrieren. So wird man sich etwa beim Hochsprung die Latte immer etwas über die Marke legen, die man ohnehin schon erreicht hat.
  • Die Sinne schulen, Wahrnehmung trainieren: Wahrnehmung und Stimmung stehen in einem engen Zusammenhang zueinander. In trauriger oder niedergeschlagener Stimmung geht das Interesse an der Umwelt und den Mitmenschen verloren. In depressiver Gemütsverfassung ist ein Mensch mit dem Grübeln über die eigenen Probleme beschäftigt. Diese Art der Beschäftigung mit Schwierigkeiten und Sorgen ist unproduktiv. Man dreht sich im Kreis.
    In solchen Situationen hilft es, die Aufmerksamkeit nach außen zu richten: einen Film ansehen, sich mit Freunden treffen, eine Ausstellung oder ein Konzert besuchen, ein Essen zubereiten usw. Neue Eindrücke liefern auch neue Inspiration.
    Hilfreich ist auch Meditation, um die Aufmerksamkeit zu lenken und Psychohygiene zu betreiben. Unter Meditation wird hierbei verstanden, die Konzentration auf einen bestimmten Fokus zu lenken, beispielsweise die Atmung. Auf diese Weise beschäftigt man die Gedanken und verhindert Gedanken über Alltagssorgen.
  • Beziehungen pflegen: Die Empfindung von Einsamkeit bedeutet Stresserleben, eine Belastung für Körper und Geist. Das weiß jeder aus eigener Erfahrung. Die Pflege guter Beziehungen ist von großer Bedeutung, und zwar nicht nur hinsichtlich Partnerschaft und Familie, sondern auch bezüglich der Pflege eines Freundeskreises. Auch die Toleranz und der Respekt am Arbeitsplatz gegenüber und von der Kollegenschaft sind von Bedeutung.